Unglaublich! Die Post ist telefonisch nicht mehr erreichbar

von MICHAEL THALKEN, Kölner Stadt-Anzeiger, 15.06.2002

Die Deutsche Post bietet nach eigenen Aussagen "ein umfassendes Telekommunikationsangebot". Täglich werden 72 Millionen Briefe von Mensch zu Mensch geschickt. "Wir sind auf dem Weg zu einem der international führenden Briefkommunikations- und Logistkonzerne", rühmt man sich. Keine Frage: Von der Post aus ist die ganze Welt zu erreichen, aber wie erreicht man eigentlich die Post?

Frau Ingrid Peter aus Satzvey nutzt die postalischen "Dienstleistungen, die das Leben leichter machen" - so die Post über sich selber - nun schon seit vielen Jahren. Und das nicht nur als Briefeschreiberin. Kürzlich erst betrat sie die Postfiliale in Kall, um dort auch eine finanzielle Transaktion abwickeln zu lassen. Auch wenn alles, sieht man einmal von den längst als selbstverständlich geltenden bürokratischen Hürden ab, recht glatt verlief, so musste sie doch zu Hause feststellen, dass sie in dem ganzen Hin und Her einige wichtige Papiere am Postschalter liegen gelassen hatte.

Kein Problem, dachte sich Frau Peter und zückte das Telefonbuch: "Ich rufe schnell in Kall an, damit nichts wegkommt."

Doch die Verwunderung war groß. Zwar stieß sie im Telefonverzeichnis auf eine Post, aber die hieß mit Vornamen Hannelore. Unter "Deutsche Post" fand sie dann den Hinweis "Servicenummern finden sie unter Bergheim". Das ferne Bergheim schien ihr jedoch kaum der richtige Ansprechpartner für ihre in Kall vergessenen Papiere. Dann doch lieber die Kollegen in Schleiden fragen, vielleicht hatten die ja eine Telefon-Nummer der Kaller Geschäftsstelle zur Hand. Doch auch die Schleidener Post verwies sie nach Bergheim.

"Zentrale Person"
In Bergheim klärte sich das Geheimnis dann auf: "Die Postbediensteten in Kall sind telefonisch nicht zu erreichen", teilte man ihr sachlich mit: "Wir können aber versuchen, sie per Fax zu kontaktieren. Vielleicht melden sie sich dann bei Ihnen."

Der "Kölner Stadt-Anzeiger" fragte bei der Pressestelle der Deutschen Post in Düsseldorf nach und wollte wissen, wie es zu einer solchen "Telefonpanne" kommen konnte. Doch von "Panne" wollte man dort nichts hören. "Es ist mittlerweile generell so, dass man die Postfilialen nicht mehr telefonisch erreichen kann", berichtete Pressesprecherin Christina Stylianou. Denn für die wartenden Kunden am Schalter sei es ungerecht, wenn der Postbedienstete seine Arbeit auch noch wegen Telefongesprächen unterbreche. Da die Anrufer ohnehin fast nur allgemeine Fragen stellten, sei man zu der Überzeugung gekommen, dass diese auch ebenso gut von einer "zentralen Person" beantwortet werden
könnten.

Im Falle von Frau Peter bedauerte man, dass es sich hierbei selbstverständlich um einen "Ausnahmefall" handele und die "zentrale Person" in der Tat kaum der richtige Ansprechpartner gewesen sein dürfte.

Frau Peter wartete denn auch bis gestern Mittag noch immer vergeblich auf einen Anruf aus Kall. Das nährt den Verdacht, dass die Postbediensteten als "Telekommunikations-Nabel der Welt" auch per Fax unerreichbar bleiben. Da hilft wohl nur noch ein ganz gewöhnlicher Brief und die Hoffnung, dass dieser nicht als "unzustellbar" zurückkommen möge.